Die goodBIONICS Biotechnologie GmbH forscht an neuen Implantaten und strebt auch in ihrem eigenen Zahntechniklabor nach innovativen Methoden. In Zusammenarbeit mit der Hufschmied Zerspanungssysteme GmbH wurde unter Beweis gestellt, dass es sich lohnt, Zerspanungsprozesse zu optimieren.
Üblicherweise ist die zerspanende Bearbeitung von Zirkoniumdioxid, Cobalt-Chrom, Titan, PMMA und anderen branchentypischen Werkstoffen in Dentallabors von Komplettlösungen geprägt. Systemanbieter liefern zu den Maschinen meist gleich vielseitig verwendbare Universalwerkzeuge mit. Jedoch bedeutet die übliche Praxis nicht, dass in der Dentalbranche keine Optimierung der Zerspanungsprozesse möglich wäre. Ein wissenschaftlicher Vergleichstest von Dentaltechnik-Werkzeugen für die Zirkoniumdioxid-Bearbeitung an der Hochschule Augsburg ergab im Jahr 2020, dass die Auswahl der Fräswerkzeuge einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse und die Effizienz der Bearbeitung hat. Das speziell für dieses Material optimierte Werkzeug der Hufschmied Zerspanungssysteme GmbH ging als Sieger aus dem Benchmarks hervor. Die Tatsache, dass das auf materialspezifische Werkzeuge spezialisierte Unternehmen mit seinen Produkten und seinem Beratungsansatz bei goodBIONICS auf offene Ohren stieß, ist kein Zufall. „Ich gebe zu, wir haben ein gewisses Maschinenbauinteresse. Unseren alten KaVo-Everest-Fräsapparat haben wir zum Beispiel weitreichend modifiziert und mit neuen Antrieben versehen“, verrät Benjamin Schick, Geschäftsführer der goodBIONICS Biotechnologie GmbH. „Seit wir uns ein DMG-Ultrasonic-Fräszentrum geleistet haben, wollen wir erst recht die technischen Möglichkeiten ausreizen.“
Nach dem ersten Kontakt über den technischen Vertrieb des Werkzeugherstellers besuchte Michael Mödinger, einer der Anwendungstechniker und CAM-Programmierer bei Hufschmied, goodBIONICS. Das Dentallabor in Mauerstetten bei Kaufbeuren arbeitete bisher wie üblich viel mit den Standardtemplates in hyperDENT, aber: „Ein optimaler Fräsprozess erfordert ein Werkzeug, das zum Material passt, sowie Werkzeugwege und Schnittparameter, die die Möglichkeiten der Maschine optimal nutzen. Das legt man am besten im CAM-Programm an“, so Mödinger. „Michael Mödinger hat uns über etwa ein viertel Jahr immer wieder besucht und uns geholfen die Parameter zu optimieren“, berichtet Melanie Keller, die Zahntechnikerin, die sich bei goodBIONICS zur CAD/CAM-Spezialistin entwickelt hat. „Wir haben auch Standzeittests durchgeführt und wissen daher sehr genau, wie lange wir die Hufschmied-Werkzeuge jeweils einsetzen können.“
Für jedes Material das passende Werkzeug
Ein Problem bei der Bearbeitung von Kunststoff war bisher das Zuschmieren der Werkzeuge. Mit dem Hufschmied-Fräswerkzeug 110FPRDTA wird dies vermieden. Die spezielle einschneidige Geometrie sorgt dafür, dass sich Thermoplaste bei der Bearbeitung nicht zu sehr erhitzen. Die Bearbeitungszeit von zum Beispiel Zahnschienen gegen nächtliches Zähneknirschen konnte mit geänderten Schnittparametern um rund 30 Prozent verringert werden und die Ergebnisse waren passgenauer. Sowohl die Vorgaben für die Drehzahl als auch für Vorschub und Zustellungen wurden in den hyperDENT-Templates geändert.
Bei der Bearbeitung von Cobalt-Chrom, aus dem das Dentallabor Brücken, Kronengerüste, Backenzahnkronen, Stege, Abutments und Teleskopprotesenteile herstellt, traten früher häufig Werkzeugbrüche auf. Mit dem HC634DTA, einem vierschneidigen Werkzeug aus der Dental-Line von Hufschmied, konnten Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität verbessert werden. Melanie Keller stellt fest: „Wir sparen ungefähr zehn Prozent Bearbeitungszeit ein und haben eine ungleich höhere Prozesssicherheit.“ Michael Mödinger erinnert sich: „Interessant war bei dieser Optimierung, dass wir uns weniger an Messwerten orientierten, wie wir das in anderen Branchen tun würden, sondern dass wir uns über Bearbeitungsproben an die Schnittwerte angenähert haben, die zu den besten optischen Ergebnissen führten.“
Die optische Erscheinung ist auch bei der Herstellung von Brücken und Kronen aus Zirkoniumdioxid wichtig. Das Material ist anspruchsvoll in der Zerspanung und Standardwerkzeuge verschleißen schnell, während dünne Strukturen leicht brechen. Im Benchmark-Test an der Hochschule Augsburg hatte das spezielle Hufschmied-Werkzeug selbst 0,1 mm dünne Zirkon-Zinnen in 54,17 Prozent der Fälle erfolgreich gefräst, wo alle anderen Werkzeug nur sehr vereinzelt Erfolg oder gar keine Gutteile verzeichnen konnte. Die langen Standzeiten und die Prozesssicherheit bei dünnen Strukturen werden auch von goodBIONICS besonders an den speziell beschichteten und mit einer besonders laufruhigen Dreischneidengeometrie ausgestatteten Werkzeugen geschätzt.
Prozess für neues Material
Die Fähigkeit des Hufschmiedwerkzeugs für Zirkoniumdioxid, präzise auch fein auslaufende Formen zu erzeugen, kommt auch noch bei einem anderen Material zum Tragen. „Sehr dünne Restorationen, Langzeitprovisorien und Verblendungen nicht stärker als eine Kontaktlinse – für diese Aufgaben nutzen wir das vergleichsweise neue Material Vita Enamic, für das wir gleich von Anfang an optimale Prozesse entwickelten“, sagt Benjamin Schick. Vita Enamic ist die erste dentale Hybridkeramik mit dualer Netzwerkstruktur. Das dominierende keramische Netzwerk wird bei diesem Werkstoff durch ein Polymernetzwerk verstärkt, wobei sich beide Netzwerke vollkommen durchdringen. „Kompositwerkstoffe stellen durch die Kombination sehr abrasiv wirkender Bestandteile mit hitzeempfindlichen Kunststoffen regelmäßig besondere Herausforderungen für die Zerspanung dar. Da trifft es sich gut, dass wir bei Hufschmied seit vielen Jahren auf genau diese Herausforderungen spezialisiert sind“, so Mödinger, der in der Vergangenheit auch schon Unternehmen der Automobilbranche oder der Luft- und Raumfahrt zur Bearbeitung von Kompositwerkstoffen beriet.
Ausblick und Fazit
goodBIONICS entwickelt derzeit gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und einem Partner aus dem Bereich Beschichtungen in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten KMU-innovativ-Projekt ein Implantatsverfahren mit patientenspezifischen einteiligen Keramikimplantaten. „Höchst individuelle Implantate werden jeweils einzelnen gefertigt werden müssen. Wir freuen uns schon darauf, gemeinsam mit Hufschmied die Entwicklung eines optimierten Zerspanungsprozesses für die neuen Implantate anzugehen“, sagt Benjamin Schick und gibt abschließend zu Bedenken: „Es ist vielleicht der Eindruck entstanden, dass nur unsere besondere Ausstattung mit einem industriellen Fräszentrum eine Optimierung der Prozesse mit Spezialwerkzeugen nahelegt. Wir nutzen aber nach wie vor auch unsere Dentalmaschinen – zum Beispiel für die trockene Zirkonzerspanung – und auch hier hat es sich gelohnt, die Parameter anzupassen. Wir konnten auch auf den Tischmaschinen zehn Prozent Bearbeitungszeit einsparen, die Qualität verbessern und profitieren von längeren Standzeiten.“